Die Zeit rund um das Fest des heiligen Martin verbinde ich immer mit sehr vielen liebevollen Kindheitserinnerungen. Ich bin am Niederrhein groß geworden und dort hat das Feiern des Sankt Martinfestes eine große Bedeutung und ist hier stark verwurzelt.

In meiner Grundschulzeit fingen wir schon in den Wochen vor Sankt Martin an, eine Laterne zu basteln. Jedes Kind der Klasse bastelte das gleiche “Modell”, so dass wir als Klasse gut erkennbar waren. Die Tage um Sankt Martin herum fand dann immer ein Sankt Martinszug der ganzen Schule statt. Vorne weg ritt Sankt Martin auf seinem Pferd und wir liefen klassenweise hinterher und sangen die bekannten Martinslieder in Begleitung der Blaskapelle rauf und runter. Wir zogen an mit Laternen und Kerzen beleuchteten Häusern vorbei und viele Menschen am Straßenrand schauten zu und sangen mit.

 

Am Schulhof wieder angekommen, spielten Sankt Martin und der Bettler auf seinem Pferd die Geschichte noch einmal nach. Als Kind war das schon sehr aufregend, wenn Martin dann seinen Mantel teilte und dem Bettler das Mantelstück übergab. Jedes Kind bekam dann noch eine Martinstüte mit Mandarinen, Nüssen, Süßigkeiten und einem Weckmann (aus einem leckeren weichen Teig, manchmal auch mit Rosinen).

In den Tagen vor oder nach dem Martinszug, gingen wir mit allen Kindern der Nachbarschaft von Haus zu Haus, klingelten, sangen und bekamen dann Süßigkeiten. Auch da waren natürlich unsere Laternen dabei, die damals noch mit echten Kerzen beleuchtet wurden, was mitunter auch zu der ein oder anderen Brandkatastrophe und zu Tränen führte.

In meiner Kindheit und Jugend leitete meine Mutter mehrere Mutter-Kind-Spielgruppen und auch dort wurden natürlich rund um Sankt Martin Laternen gebaut. Meist war es so, dass meine Mutter sich überlegte, was sie gerne für eine Laterne haben wollte und mein Vater dann vor der Herausforderung stand, diese Laterne irgendwie zu konstruieren. So enstanden damals über viele Jahre ganz viele verschiedene Laternen, die in der Martinszeit auch immer wieder in meinem Elternhaus aufgestellt und aufgehängt wurden.

In der weiterführenden Schule gab es dann auch einen Sankt Martinszug, allerdings ohne Sankt Martin auf dem Pferd. Dort zogen wir mit Laternen und Pechfackeln zu einem Seniorenzentrum und besuchten die dort wohnenden älteren Menschen, die sich sehr über ein wenig Gesang und Unterhaltung freuten.

 

Auch heute ist es für die Kinder am Niederrhein noch genau so. Laternenbasteln, Martinszug, beleuchtete Häuser, Menschen die zuschauen, Martinsfeuer, Martinsgeschichte, Martinstüte, Weckmänner… Der einzige Unterschied ist heute, dass die meisten Kinder nicht mehr mit einer echten Kerze, sondern mit einem elektronischen Licht ihre Laterne beleuchten. Und doch hat der Zauber rund um das Martinsfest auch die heutigen Kindergarten- und Grundschulkinder immer noch fest im Griff und das Strahlen auf den Gesichtern der Kinder ist genauso hell, wie mein Strahlen es damals war.

Da wir nun seit einiger Zeit wieder am Niederrhein leben, erwachen im November in mir meine schönen und auch mitunter ein paar wehmütige Kindheitserinnerungen. Meine alten Laternen und auch alle Laternen, die meine Eltern entworfen haben, gibt es heute immer noch und ich kann es nicht über’s Herz bringen, sie weg zu werfen. In unserem Wohnzimmer hängt sogar dauerhaft eine Gans-Laterne. Die hat mein Vater damals entworfen und für mich gebaut. Natürlich wird sie mit Kerzen beleuchtet. In der kalten Jahreszeit, wenn es am Morgen dunkel ist, darf sie uns leuchtend bei einem Tee in den Morgen begleiten.

Ich wünsche euch eine schöne Sankt Martinszeit, die hoffentlich auch bei euch schöne Kindheitserinnerungen hervorruft.

Eure Saskia von Sag’s mit Schoki